Das Spinnennetz

052016131-das-spinnennetz

Bernhard Wicki (Deutschland 1989)

265 min

Deutsch

SALU/DVD/SN/1-2/SF


Berlin, 1923. Nachdem er beim Matrosenaufstand von 1918 schwer verwundet wurde, musste der junge Leutnant Theodor Lohse seine Militärkarriere aufgeben. Auf Empfehlung von Prinz Heinrich wird Lohse, nachdem er seine Hauslehrer-Stelle bei einer jüdischen Familie gekündigt hat, Mitglied in einer rechtsradikalen Geheimorganisation. 

In deren Auftrag soll er sich als Kommunist ausgeben, um eine Anarchistengruppe zu infiltrieren. Endlich sieht Lohse seine Chance gekommen, nun doch noch militärische und politische Karriere zu machen. Dafür ist er bereit, auch über Leichen zu gehen. (filmportal)



Der Film beginnt mit der Novemberrevolution 1918, als meuternde Marinesoldaten von kaisertreuen Soldaten aufgehalten werden sollen. Leutnant Theodor Lohse (Ulrich Mühe) erteilt Schießbefehl, noch bevor es dazu kommt, wird Lohse von einem Bajonettstich verwundet. Die Revolution von 1918 ist nicht mehr aufzuhalten.

Berlin, Sommer 1923: Nach dem Untergang des Deutschen Kaiserreichs musste Theodor Lohse seine Militärkarriere aufgeben und studiert Jura. Das dringend nötige Geld verdient er sich als Hauslehrer beim jüdischen Bankier Ephrussi. Im Hause des Bankiers lernt er den Baron von Rastchuk kennen, der Lohse zu einer nationalen Veranstaltung mitnimmt. Bei dieser Bootstaufe am Wannsee ist auch Prinz Heinrich anwesend, ein früherer Kommandant von Lohses Einheit. Lohse wird von Prinz Heinrich zu einem Herrenabend zu zweit eingeladen und verbringt, von diesem massiv sexuell bedrängt, aus Opportunismus die Nacht mit dem Prinzen und hofft am nächsten Morgen zur Reichswehr protegiert zu werden. Prinz Heinrich vermittelt ihn stattdessen zu einer rechtsextremen Geheimorganisation (vergleichbar Organisation Consul), deren Chef ebenfalls Baron Rastchuk ist. Lohse wird Spion für die Organisation und mit beispiellosem, unerbittlichem Opportunismus und Skrupellosigkeit soll er eine kommunistische Künstler- und Anarchistengruppe um den Kunstmaler Klaften auskundschaften und zerschlagen. Teil dieser kommunistischen Gruppe ist auch Benjamin Lenz (Klaus Maria Brandauer), einem Juden der sowohl als Polizei-Informant arbeitet, als auch mit Informationen an linke wie rechte Gruppierungen sein Geld verdient. Als die kommunistische Gruppe die Berliner Siegessäule sprengen will, ist es Lenz der das verhindert; die Gruppe wird von der Polizei verhaftet. Theodor Lohse hat trotz seines Antisemitismus inzwischen ein Verhältnis mit der schönen Bankiersgattin Rahel Ephrussi begonnen. Bei einem Ernteeinsatz in Ostelbien macht Lohse die Bekanntschaft der aus einer einflussreichen Familie stammenden Else von Schlieffen, die seine künftige Braut wird. Lohse schlägt sehr brutal einen Streik von polnischen Landarbeitern nieder und wird dafür von der Hugenberg-Presse überschwänglich gelobt. Als Belohnung wird er ins preußische Innenministerium protegiert. Zuvor hat er sich seines alten Schulfreundes Günter entledigt, der über seine Affäre mit Rahel Ephrussi Bescheid wusste. Beim Pogrom gegen Juden im Berliner Scheunenviertel kommt es zu unkontrollierten Gewaltaktionen, sowie zu Raub und Plünderungen. Benjamin Lenz macht Lohse für diese Aktion verantwortlich und will diesen zum Selbstmord durch einen Sprung aus dem Fenster zwingen, lässt dann jedoch aus Mitleid von dem völlig zusammengebrochenen Lohse ab. Lenz erpresst Lohse wegen des Mordes an Günter und wird schließlich von Schergen Lohses ermordet, indem sie Lenz vor einem herannahenden Zug werfen.

Der Film endet im November 1923, als Lohse und Rastschuk auf einem Fest der Konservativen und Monarchisten vom Hitlerputsch erfahren. Lohse, wie immer ganz Opportunist, ist bereits Parteimitglied der NSDAP.

Vor dem Hintergrund des Inflationsjahres 1923 zeigt der Film in ausführlicher und detailgenauer Weise die unterschiedlichen Lebenswelten in Berlin: das großbürgerliche Milieu im Hause des Bankiers Ephrussi, das kleinbürgerliche Milieu der Familie Lohse, das linke Künstler- und Intellektuellenmilieu, das jüdische Scheunenviertel und das adelige ostelbische Großgrundbesitzermilieu. (wikipedia)

© H. Werner Hess 2011