Oh Boy

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Jan Ole Gerster (Germany 2012)
SALU/DVD/OHBY/SF
83 min
Deutsch
Subtitles: Deutsch

Trailer

Niko Fischer (Tom Schilling) lebt eigentlich immer nur in den Tag hinein. Der Berliner hat sein Studium einfach auf Eis gelegt und dies vor seinem strengen Vater (Ulrich Noethen) verheimlicht, denn so kassiert er immer noch jeden Monat das Geld von ihm und kann so seinen Lebensunterhalt bestreiten. Er selbst fühlt sich gerade wie in einer Orientierungsphase, hat zwar keinen Job, aber sucht doch nach seinem Platz in der modernen Gesellschaft. Dann kommt jedoch der Tag, an dem sein gesamtes Leben wie ein Kartenhaus über ihm zusammenbricht. Seine Freundin (Katharina Schüttler) verlässt ihn überraschend und außerdem streicht sein Vater ihm am gleichen Tag die monatlichen Überweisungen. Als er dann denkt, es kann nicht schlimmer kommen, bescheinigt ihm sein Psychologe auch noch eine „emotionale Unausgeglichenheit“, wodurch er die Hoffnung, seinen Führerschein zurückzubekommen, endgültig begraben kann. Darüber hinaus liegt ihm noch sein Nachbar (Justus von Dohnanyi) mit seinen Problemen in den Ohren, für die Niko aber im Moment eigentlich gar kein Gehör und Interesse hat. Der Tag ist ruiniert. Aber als er dann seine ehemalige Mitschülerin Julika (Friederike Kempter) wiedertrifft, erlebt der Katastrophentag doch noch einmal eine überraschende Wendung! (filmstarts)


German hit Oh Boy is part slacker comedy and part chronicle of Berlin's transition to hipster cool, filled with reminders of that city's rich and checkered history.

College dropout Niko (Tom Schilling) has been dumped by his girlfriend, and is in trouble with the law. To make matters worse, his father has just discovered that he dropped out of university years ago and cuts him off financially. When his disappointed father asks him what he has been doing for the last two years, Niko answers "I've been thinking." Meanwhile a beauty from his past confronts him with the emotional wounds he inflicted on her. All Niko wants is a cup of "normal coffee," but even this eludes him. "Do you know the feeling when people around you seem to behave in a strange way?" Niko wonders. "And the longer you think about it, the more it dawns on you that it's not other people who are strange, but yourself?" As Niko struggles with the growing sense of being an outsider, a series of chance encounters have a profound influence on his future.

Shot in an alluringly grainy black and white, Oh Boy is a breezy, witty film with a serious edge. The film recently won most of the major prizes at the German Film Awards, including Best Film and Best Director. (
Sydney Film Festival)

 

Eine Tasse Kaffee. Keine bestimmte Sorte, ohne Milch und ohne Zucker. Mehr will Niko aus Berlin für den Moment nicht und doch scheint es unmöglich zu sein, an diese eine Tasse Kaffee heranzukommen. Was im Film eine Art Running Gag ist, kann auch auf Nikos Leben übertragen werden. Die heutige Zeit bietet so viele Möglichkeiten das eigene Leben zu gestalten, dass all die Vielfalt nicht beflügeln sondern gar eine hemmende Wirkung besitzen kann. So irrt Niko durch eine immer komplexer werdende Welt und selbst einfache Wünsche rücken ins Unerreichbare. Niko, der bereits vor 2 Jahren sein Jura-Studium abgebrochen hat und dessen Leben vom Vater finanziert wird, ist jedoch kein Loser, sondern schlicht auf Sinnsuche. Der Film ist durchweg in schwarz-weiß gehalten. Was für viele ein Ausschlusskriterium sein wird, erweist sich hier als Glücksgriff. Die gezeigten Aufnahmen von Berlin sind sehr stimmungsvoll und werden von einem wunderbar passenden Soundtrack untermalt. Oh Boy ist von einer melancholischen Grundstimmung durchzogen, die aber regelmäßig von komischen Momenten unterbrochen wird. Diese Szenen wirken nie aufgesetzt oder aufdringlich und werden wohl daher den Hau-Drauf-Humor von vielen Kinogängern nicht treffen. Ganz klar: Der Film ist nicht für die großen Massen produziert und läuft dementsprechend auch nur in kleinen ausgewählten Kinos. Dabei ist Oh Boy mit das Beste, was das deutsche Kino in den letzten Jahren hervorgebracht hat. In Nebenrollen sind viele bekannte Gesichter aus dem deutschen Film und Fernsehen anzutreffen und mit dem ewig jungen Tom Schilling wurde die Idealbesetzung für Niko gefunden. Sicherlich konnte man Schilling nie ein großes Talent absprechen, nach dieser schlicht grandiosen Darbietung gehört er aber endgültig in die kleine Riege deutscher Topschauspieler. Einige Charaktere fallen dabei bewusst überzeichnend aus und lassen den nachdenklichen und ruhigen Hauptdarsteller wie eine Art Fremdkörper im hektischen Treiben der Großstadt wirken. Oh Boy ist traurig, nachdenklich und zum Brüllen komisch. Der mit 83 Minuten für heutige Verhältnisse recht kurze Film besitzt außerdem den Mut die Geschichte ohne größeres Tamtam zu beenden und hat so etwas, was in der aktuellen Filmlandschaft eher selten der Fall ist: Ein perfektes Ende. -Mein Kinogeheimtipp des Jahres. (http://www.filmstarts.de/kritiken/209437/userkritiken/

Foto: http://sgnewwave.com/main/2012/11/oh-boy/ 

© H. Werner Hess 2011